Die Geschichte hinter dem Selbsthilfeclown

Norbert Wiedemann als Selbsthilfeclown

Seit Anfang der 90er Jahre schon ist Norbert Wiedemann als Selbsthilfeclown unterwegs. Er war unter anderem bei allen bisherigen 14 Braunschweiger Selbsthilfetagen mit dabei, angefangen beim 1. Selbsthilfetag im Jahr 1993.

In diesem Jahr wäre die 15. Ausgabe dieser Informationsbörse der Braunschweiger Selbsthilfegruppen dran gewesen. Aufgrund der Corona-Pandemie hat sich die KIBiS jedoch dazu entschlossen, den Selbsthilfetag auf 2022 zu verschieben.

Aus diesem Anlass hat sich Herr Wiedemann einem Rückblick auf die vergangenen drei Jahrzehnte gewidmet. Wir freuen uns, diese mit vielen Erinnerungen gespickte Geschichte hier zu präsentieren:

Na, dann machen sie mal!

Eine Autobiographie von Norbert Wiedemann

Mit diesem Satz begann meine Laufbahn als Selbsthilfeclown bei inzwischen 14 Braunschweiger Selbsthilfetagen.

Die 1990 frisch von meiner Frau und mir gegründete "Angehörigenselbsthilfe psychisch erkrankter Menschen" fand im selben Jahr "Unterschlupf" bei der Braunschweiger KIBIS unter der Leitung von Herrn Walter Bieler. In der kuscheligen Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen des Paritätischen in Braunschweig am Lessingplatz 7 trafen wir uns einige Zeit später, um den 1. Braunschweiger Selbsthilfetag zu planen. Bei einem der vielen Gespräche meldete ich mich zu Wort. Ich vertrat die Meinung, dass neben der Informationsflut an diesem Tag noch ein bunter Blickfang fehlen würde. Vielleicht eine auffällige Clownfigur, die zusätzlich Flyer verteilen und Besucher an die passenden Infostände verweisen könnte.

Herr Bieler war nicht abgeneigt, die anderen Mitstreiter nicken zustimmend und dann folgte von Herrn Bieler der oben erwähnte Satz: "Na, dann machen sie mal!" Ich sah diese Aufforderung nicht als die berühmte A...Karte an und dachte mir so: "Na, dann mache ich mal." Dass mich Herr Bieler in seiner Amtszeit immer als "bunten Vogel vom Selbsthilfetag" genannt hat, empfand ich als Auszeichnung.

Natürlich habe ich an den 14 Auftritten eine Menge erlebt. Schön ist es ja, sich hinter einer buntgeschminkten Fassade einiges erlauben zu können. So manche unentschlossene Dame habe ich an die Hand genommen und sie ermutigt, sich bei diversen Ständen zu informieren. Besuchern habe ich Flyer in die Hand gedrückt, die abgelehnt hatten und eigentlich nur zum Shoppen den Kohlmarkt überqueren wollten und dann aber mit mir in ein Gespräch verwickelt wurden. Zwei Begebenheiten werde ich nie vergessen, die mir gezeigt haben, wie Menschen spontan reagieren können.

Schirmherr war in den Anfängen unserer damaliger Oberbürgermeister Werner Steffens. An einem Selbsthilfetag hielt er bei brüllender Hitze unter freiem Himmel seine Begrüßungsrede. Spontan schlich ich mich von hinten heran und hielt ihm meinen bunten Sonnenschirm über den Kopf. Er unterbrach kurz seine Rede und meinte zu mir: "Ach wie schön, jetzt gibt es ja zwei Schirmherren!"

Die zweite Situation ereignete sich kurz vor dem Beginn der Schuhstraße. Dort hatte ein Straßenverkäufer ein riesiges Fenster aufgebaut und demonstrierte die Wirksamkeit seines Fensterputzmittels mit Schwamm und Fensterleder. Während er seine Ware per Mikrofon anpries, wischte er mit Schwamm und Schaum auf der Fensterscheibe herum und redete ununterbrochen. Ich sah mir das von der anderen Seite, also durch die Scheibe hindurch, eine Weile an und begann dann seine Wischbewegungen synchron nachzumachen. Er unterbrach seinen Redeschwall nur kurz mit der Bemerkung: "Ach ja, der Clown wischt ja schon von der anderen Seite alles sauber!" Ob mein Einsatz verkaufsfördernd für ihn war, kann ich leider nicht mehr beurteilen.

Meine Einsätze bei den vielen Selbsthilfetagen wirkten sich ungewollt aus. Es hatte sich herumgesprochen, dass es da einen "bunten Vogel" gibt und somit war "Nobbi" beim Braunschweiger Bürgerbrunch, jahrelang beim Braunschweiger Büttenabend in der Stadthalle, beim Sommerfest der Kontaktstelle "der weg" als Losverkäufer, zum 25-sten Jubiläum von KIBIS im BZV-Medienhaus und beim 50-sten von KÖKI in der Dornse. All diese und andere ungenannten und ungezählten Auftritte haben, das klingt jetzt vielleicht etwas egoistisch, mir persönlich einen großen Spaß bereitet. Der große Nebeneffekt, meinen Mitmenschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, ist der Dank für eine vorher 45 Minuten dauernde Verwandlung und nachher oft mit müden Füßen und lädierter Stimme meistens im Clownaufzug nach Hause zu fahren. Die erstaunten und fröhlichen Gesichter der anderen Autofahrer an der Ampel sind eine weitere Motivation, beim nächsten Mal wieder mit dabei zu sein.

Wir sehen uns hoffentlich alle gesund und fit beim nächsten Braunschweiger Selbsthilfetag 2022 auf dem Kohlmarkt.

Ich freue mich,

Euer Nobbi

  • Hut ab, Herr Wiedemann!

  • Plakat vom 1. Selbsthilfetag 1993

  • Herr und Frau Wiedemann beim Selbsthilfetag 2005

  • Selbsthilfetag 2005

  • Clown Nobbi beim Selbsthilfetag 2009

  • Nobbi als "Schirmherr" beim Selbsthilfetag 2009

  • Herr und Frau Wiedemann beim Sommerfest der Kontakstelle "der weg" 2011

  • Nobbi mit Gabriele Hübner beim Bürgerbrunch 2011

  • Nobbi beim Selbsthilfetag 2015

  • Nobbi in Aktion beim Bürgerbrunch 2013

  • Nobbi beim Büttenabend

  • Nobbi beim Büttenabend - wieder als "Schirmherr"?

  • 25-jähriges Jubiläum der KIBiS: Norbert Wiedemann und Ines Kampen, Leiterein der KIBiS, 2016

  • Norbert Wiedemann und Heidi Bitterberg, 50 Jahre Köki, 2017

  • Gruppenbild mit Clown, 50 Jahre Köki, 2017

  • Herr und Frau Wiedemann beim Selbsthilfetag 2019

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